Derivatisierung zur Analyse von Oberflächen mit XPS

Die Bestimmung und Quantifizierung spezifischer chemischer Gruppen auf Polymerberflächen mit XPS  ist für eine Vielzahl von Anwendungen relevant. Funktionelle Gruppen sind unter anderem ein wichtiger Einflussfaktor bei Haftungsproblemen, beeinflussen die Zelladsorbtion auf Implantat- oder Zellkultur-Substraten und spielen eine entscheidende Rolle im Bereich von Biomaterialien. Insbesondere strukturell unbekannte Verbindungen lassen sich dabei oft besser charakterisieren, indem man sie derivatisiert (d.h. gewissermaßen chemisch markiert). Zur quantitativen Analyse mittels Photoelektronenspektroskopie (XPS) können schwer unterscheidbare funktionelle Gruppen z.B. in ein Fluorderivat umgesetzt werden. Mittels der Konzentrationsbestimmung des Fluors können so die vorher nicht unterscheidbaren funktionelle Gruppe eindeutig bestimmt und quantifiziert werden.

Beispiel: XPS Analyse chemischer Gruppen auf beflammtem Polypropylen (PP)

XPS Spektrum einer unbehandelten Poly-Propylen (PP) Oberfläche

Als einfaches Beispiel für eine unspezifische Funktionalisierung einer Polymeroberfläche dient hier das Beflammen von Polypro­pylen. Das XPS-Spektrum einer unbehandelten Oberfläche zeigt die folgende Abbildung. Wie zu erwarten besteht die Oberfläche zu praktisch 100% aus Kohlenstoff. Nach einer erfolgreichen Beflammung ändert sich dies in den obersten Schichten der Probe jedoch deutlich.

XPS Spektrum einer beflammten Poly-Propylen (PP) Oberfläche

Die Oberfläche enthält nun rund 17% Sauerstoff, sowie 3% Stickstoff: Die Beflammung erzeugt auf der Oberfläche polare chemische Gruppen, welche die Benetzbarkeit der Oberfläche für wässrige Medien deutlich verbessern und so z.B. auch die Haftungseigenschaften verbessern.

Analyse der Bindungszustände mittels XPS

PP Oberfläche unbehandelt (oben) und nach einer Vorbehandlung (unten).

Um zu klären, in welcher Form Sauerstoff und Stickstoff in die Oberfläche eingebaut wurden, können hochauflösende XPS Analysen durchgeführt werden. Eine unbehandelte PP-Oberfläche zeigt im Wesentlichen nur die C-C-Bindungen des Polymers.

 

Die untere Abbildung zeigt das Spektrum der gleichen Probe nach der Beflammung. In diesem Spektrum sind deutlich die durch die Behandlung an der Oberläche erzeugten polaren Gruppen erkennbar. Die Flächen unter den einzelnen Übergängen sind dabei ein direktes Maß für den Anteil des Kohlenstoffes der im jeweiligen Bindungszustand vorliegt.

Durch das Beflammen werden polare chemische Gruppen, wie z.B. Alkohol- oder Carbonylgruppen, an der Oberfläche des Polymerwerkstücks erzeugt. Diese verbessern die Benetzung und Anhaftung der später aufzubringenden Schichten oder einer Klebung deutlich.

Anhand dieser Messung ist es jedoch noch nicht möglich zwischen Ether (C-O-C) und Alkohlgruppen (C-OH) zu unterscheiden. Durch eine selektive Markierung der Alkoholgruppen, z.B. durch überführung in ein Flourderivat, kann jedoch der Gehalt dieser chemischen Gruppe auf der Oberfläche mittels XPS quantitativ eindeutig bestimmt werden.

Schema: Derivatisierungsreaktion zur Markierung der Alkoholgruppen (-OH)

 

Dazu wird die Oberfläche einer Derivatisierungssubstanz ausgesetzt, welche die an der Oberfläche für chemische Reaktionen zur Verfügung stehenden Alkoholgruppen selektiv durch ein Heteroatom markiert. Der Marker enthält dabei ein Element (hier Fluor) welches ansonsten auf der Oberfläche nicht vorkommt. Die folgende Abbildung zeigt schematisch eine solche Oberfläche vor und nach einer solchen Derivatisierung.

 

Im Folgenden betrachten wir wieder die bereits oben dargestellte Poly-Propylen-Oberfläche nach der Modifizierung. Vor der Derivatisierung (Bild links) können 19% Sauerstoff und 81% Kohlenstoff an der Oberfläche nachgewiesen werden. Nach der Derivatisierung (Bild rechts) ist ein deutliches Fluorsignal hinzugekommen. Aus diesem Signal lässt sich bestimmen, dass von den 15% Sauerstoff rund 4,5% in Form von Alkoholgruppen vorliegen müssen.

Oberfläche vor Derivatisierung
Derivatisierte Oberfläche

Auf ähnliche Weise können verschiedenen andere chemische Gruppen entweder direkt durch eine XPS-Analyse, oder durch eine ergänzende Derivatisierung, quantitativ analysiert werden. Vorrausgesetzt ist dabei nur, dass die Derivatisierungsreaktion selektiv für nur eine funktionelle Gruppe ist.
So lassen sich Beispielsweise die Homopolymere Allylalkohol, Allylamin oder Acrylsäure selektiv durch Trifluoressigsäureanhydrid, Pentafluorobenzolsäure bzw. Tetrafluorethylen derivatisien, so dass bereits das C1s-Signal ein XPS Quantifizierung ermöglicht. Weitere Beispiele sind: Amino-Gruppen, Thiol-Gruppen, Carboxyl-Gruppen, Alkene, Carbonyl-Gruppen oder Epoxy-Gruppen.

Welche chemischen Gruppen auf welchem Substrat untersucht und durch Derivatisierung unterschieden werden können, muss im Einzelfall entschieden werden. Wir stehen Ihnen dazu gerne persönlich beratend zur Verfügung.

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