Haftungsprobleme an Polymeroberflächen - Analysen mit XPS oder ToF-SIMS
Polymer-Werkstoffe werden mittlerweile in sehr vielen Bereichen eingesetzt und daher auch auf unterschiedlichste Art und Weise verarbeitet. Insbesondere das bedrucken, lakieren oder auch verkleben von Poylmeren setzt dabei relativ hohe Ansprüche an die Qualität der Kunststoff-Oberfläche. Eine Mangelhafte Aktivierung oder Vorbehandlung kann hier genauso wie eine Kontamination zu Problemen führen. Insbesondere Verunreinigungen führen häufig zu Benetzungsstörungen oder Haftungsproblemen in der weiteren Verarbeitung. Die Ursache ist dabei nicht immer ohne weiteres eindeutig identifizierbar und bedarf daher geeigneter oberflächenempfindlicher Analysenmethoden um zielführend eine Fehler- bzw. Schadensanalyse durchzuführen.
Häufig werden solche Kunststoffoberflächen zur Aktivierung Vorbehandelt (z.B. Koronabehandlungen, Beflammen oder auch Plasmabehandlung). Hierauf geht ein separates Anwendungsbeispiel im Detail ein.
Ursachen für Benetzungs- und Haftungsstörungen
Die Ursachen für Probleme können dabei sehr vielfältig sein. Abgesehen von einer unzulänglichen Vorbehandlung der Oberflächen können auch Kontaminationsschichten auf den Bauteiloberfläche z.B. zu Haftungsproblemen führen. Dabei können Lackfehler wie z.B. Lackkrater- oder Blasenbildung schon von wenigen Nanometer dicken Kontaminationsschichten verursacht werden, welche optisch an den Rohteilen oft nicht ohne weiteres zu erkennen sind. Solche Kontaminationen können aus unterschiedlichsten Quellen stammen.
Zum einen sind interne Quellen denkbar. Dazu zählen beispielsweise interne Gleitmittel, Flammschutzmittel oder Antistatika welche den Polymeren absichtlich (oder unbeabsichtig) zugesetzt wurde. Gelangen diese Substanzen beispielswqeise durch Diffusion an die Produktoberfläche, oder an die Grenzfläche zwischen Produkt und Beschichtung, so sind in vielen Fällen Probleme zu erwarten.
Häufiger sind jedoch externe Quellen für die filmische Verunreinigungen verantwortlich. Dazu gehören beispielsweise Tensid-Rückstände aus Reinigungsprozessen, Gleitmittel-Rückständen aus Spritzgussprozessen aber auch Verunreinigungen aus der Umgebungsluft (z.B. durch Aerosole).
Oberflächenanalytik zur Qualitätssicherung und Schadensanalyse
Für die Ursachenforschung bei Haftfestigkeitsverlusten oder Delaminationen sind einfachere Testverfahren wie Testtinten oder Kontaktwinkelmessungen nicht immer aussagekräftig genug, so dass weitergehende Verfahren benötigt werden.
Hier können z.B. die Röntgenphotoelektronenspektroskopie (XPS/ESCA) und die Sekundärionenmassenspektrometrie (TOF-SIMS) wichtige Informationen über den chemischen Zustand der Oberflächen liefern. Diese oberflächenempfindlichen Analysenmethoden sind besonders gut geeignet um die oft nur wenige Nanometer dicken Schichten zu charakterisieren. Die Ergebnisse beinhalten neben quantitativen Informationen, etwa über die Elementzusammensetzung oder den Einbau polarer Gruppen in zuvor unpolare Oberflächen, auch Informationen zu eventuell vorhandene Verunreinigungen. In den meisten Fällen ist dabei eine eindeutige Identifizierung der Substanzen, die ursächlich für das Problem sind (z.B. unzureichende Benetzung) möglich.
Verunreinigungen auf von Polymer-Oberflächen
Oberflächenanalytische Techniken erlauben es, nicht nur den Erfolg einer Oberflächenbehandlung direkt zu messen, sondern auch bei einem auftretenden Haftungsversagen mögliche Ursachen hierfür aufzuzeigen. Zum Beispiel können an Fehlstellen in Beschichtungen vorhandene Kontaminationen nachgewiesen und identifiziert werden.
Im Beispiel konnte auf einer beflammten PP-Oberfläche, welche in der Weiterverarbeitung ein ausgeprägtes Fehlerbild zeigte, im XPS-Übersichtsspektrum deutlich Silizium nachgewiesen werden. Dies wurde an dieser Stelle nicht erwartet und war ein Hinweis auf eine vorliegende Kontamination.
Derartige Verunreinigungen können im weiteren Prozess zu Benetzungsstörungen an den Bauteilen führen.
Identifikation von Kontaminationen
Auf der hier untersuchten, beflammten PP-Oberfläche ergab letztendlich die Analyse des hochaufgelösten Silizium-Signals (Si2p-Bindungsspektrum) den Hinweis auf Silikonfett als Ursache der Haftungsprobleme, da das Silizium Signal eindeutig einer Silikongrupe (z.B. aus Polysiloxan/PDMS) zugeordnet werden konnte.
Eine typische Ursachen für derartige Fehlerbilder liegt beispielsweise in kontaminierten Waschlösung oder verunreinigter Druckluft welche zum Reinigen der Bauteile vor dem Lackieren eingesetzt wurde. Auch Rückstände der Reinigungsmittel selbst (Tenside) auf den Bauteiloberflächen sind oft ursächlich für Fehlerbilder wie Blasenbildung oder eine verringerte Haftfestigkeit.
Eine weitere Methode, die für das chemisches Screening von Oberflächen eingesetzt werden kann, ist die Sekundärionenmassenspektroskopie (TOF-SIMS).
Mit Hilfe einer ToF-SIMS Analyse können in ähnlicher Weise die meisten Gleitmittel, interne Trennmittel, Fette/Öle, Polysiloxan etc. auf der Oberfläche identifiziert werden. Auch diese Substanzen sorgen immer wieder für Haftungsprobleme, Benetzungsstörungen oder Lackkraterbildung.
Hier ist das Beispiel einer EBS-Kontamination (Ethylen-Bis-stearamid) auf einer Polyamidoberfläche gezeigt. Vor der Reinigung (obere in der Abbildung) kann nur EBS nachgewiesen werden. Nach Reinigung der Oberfläche (unten) wird das Polyamidsubstrat sowie das Additiv Irgafos 168 sichtbar.
Fazit:
Die aufgeführten Beispielen zeigen, dass es mittels oberflächenempfindlicher XPS-Messungen und ToF-SIMS Analysen möglich ist, mit Hoher Präzision Oberflächen zu analysieren und unbekannte anorganische oder organische Substanzen auch auf kleinen Flächen zu identifizieren. In den gezeigten Beispielen war es dank fachgerechter Interpretation auf diese Weise möglich, die Ursache der aufgetretenen Fehler zu ermitteln.